Mittwoch, 9. November 2016

Amerika - Zurück in den 50er Jahren

Donald Trump – ein Name, der in den letzten paar Monaten weltweit an Bekanntheit gewonnen hat. Ein Präsidentschaftskandidat der USA, der mit rassistischen, sexistischen und sonstigen unangemessenen Ideen und Sprüchen weltweit verschiedene Reaktionen hervorrief. Mit skurrilen Ideen und radikalen, rechtsextremen Vorschlägen konnte er viele Bürger der USA für sich begeistern. Die Demokraten der USA und ein grosser Teil Europas beobachteten die Präsidentschaftskandidatur mit grösser werdender Sorge. Die Präsidentschaftskandidatur und der grosse Erfolg Trumps verwunderte auch viele: Wieso kann so ein fremdenfeindlicher Mann bei so vielen Anklang finden? Was läuft bei den Amerikanern falsch, damit sie die Idee, Mexico mit einer Mauer abzugrenzen, befürworten? Wieso wird er von so vielen Menschen unterstützt, auch nachdem er so dumme Sprüche ablässt und sich so unanständig benimmt? Bei verschiedenen Debatten und öffentlichen Veranstaltungen benahm sich Trump so oft daneben, dass ich mir sicher war, dass niemand mit klarem Kopf für ihn stimmen würde. 

Ich lag wohl offensichtlich falsch. Als ich heute, während meinem Frühstück die ersten Entwicklungen der Wahlnacht googelte, war ich alarmiert, dass Trump um einiges weiter vorne lag als Clinton. Wieder einmal verwunderte es mich, dass so viele Menschen, oder überhaupt Menschen, so ein Schwein unterstützen können.

«Ich denke, der einzige Unterschied zwischen mir und anderen Kandidaten ist, dass ich ehrlicher bin und schönere Frauen habe»

«Wenn Ivanka nicht meine Tochter wäre, würde ich sie vielleicht daten»

«Wenn Mexiko ihre Leute schickt, dann schickt sie nicht ihre besten Leute. Sie schicken Leute mit Problemen. Sie bringen Drogen. Sie bringen Kriminalität. Sie sind Vergewaltiger»

Nein, jemand, der solche Sprüche loslässt, wird doch niemals Amerikas Präsident! Clinton wird aufholen, versicherte ich mir und drückte der Frau die Däumchen.



Trumps Hautbild: Ursache für viele Memes
Auf dem Weg zur Schule versuchte ich, an etwas Anderes zu denken, als der Prospekt, dass so ein Rüebligsicht (nichts gegen Karotten) bald Amerika regieren würde. Auf dem Display im Bus, der die Regionalnachrichten zeigte, wurden ab und zu einige Nachrichten zur Wahlnacht eingeblendet. Um mich herum hörte ich dauernd Menschen, die über die Wahlnacht diskutierten und ihre Befürchtungen ausdrückten. Als ich im Klassenzimmer ankam, und mein Lateinheft aus der Tasche holen wollte, merkte ich, dass die Lehrerin die Live-Nachrichten zur Wahlnacht auf die Wand projizierte und alle gespannt zusahen. Donald Trump war heute wirklich in aller Munde. 

An Latein dachte momentan wirklich niemand mehr, denn wir alle schauten den Nachrichten zu. Nach einer gefühlten Stunde stellte sich heraus, dass Donald Trump genügend Stimmen hatte, und ab dem 20. Januar 2016 der Präsident der USA sein würde. 

«Wir sind zurück in den 50er Jahren!» drückte meine Lateinlehrerin aus. Ein Spruch, der tief in mir wiederhallte und ein Grossteil dieses Blogposts inspirierte.

 «Ein Schritt nach vorne, 461167963 Schritte zurück» schrieb eine Mitschülerin während der Pause in unseren Klassenchat. Der Sieg Trumps wurde in diesem Chat heftig diskutiert, und viele drückten ihren Frust darüber aus. Auch auf Instagram und Snapchat posteten viele über ihre Enttäuschung. 


Eigentlich kann ich es immer noch nicht glauben. Ich kann es irgendwie immer noch nicht wahrhaben, dass so ein Idiot nun an der Spitze Amerikas ist. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr in einer Prüfung eine richtig gute Note bekommt und es irgendwie nicht glauben könnt und euch ein paarmal zwicken müsst, und die Prüfung zehnmal anschauen müsst, um euch zu vergewissern, dass es real ist und ihr nicht träumt? Mich bekam heute morgen so ein ähnliches Gefühl. Nur ist dieses Gefühl der Ungläubigkeit nicht mit Freude und Positivität verbunden, sondern mit dem Gegenteil davon.

Dass die Mehrheit Amerikas solche Ansichten vertritt, schockiert mich nicht nur, sondern enttäuscht mich auch. Ich kann einfach nicht verstehen, wie man so jemanden wie Trump unterstützen kann. Man entwickelt über Jahrzehnte hinweg das Land zu einer modernen Gesellschaft. Stück für Stück versucht man, Gerechtigkeit für alle zu vollziehen. Man bekämpft die Ungleichheit und gibt den unterdrückten Menschen Rechte. Man betont Akzeptanz und Respekt gegenüber den anderen – egal welchen Geschlechts, Herkunft, Religion oder Sexualität. Und dann wählt man einen Mann zu seinem Präsidenten, der ganz offen darüber redet, wie er dies alles rückgängig machen will. Ich bin sehr gespannt auf die nächsten vier Jahre mit Donald Trump als Präsident der USA – wie lang dauert es wohl noch, bis wir die 50s Vibes spüren?




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