Anonymous ist eine Bewegung, die in den letzten Jahren im Internet grosse Bekanntheit erlangt hat. Viele Menschen wissen zwar, dass Anonymous sich hinter einer Maske versteckt und Leute hackt, doch ihr Wissen geht nicht darüber hinaus. Was ist Anonymous? Wie entstanden sie? Sind sie gut oder böse? Ich werde heute dieser Sache etwas auf den Grund gehen und versuchen, diese Fragen zu beantworten.
Zuerst
einmal, wie entstand Anonymous?
Anonymous,
die weltweit bekannte und gefürchtete Hackergruppe, findet ihren Ursprung auf
4chan. 4chan, was ist das? 4chan ist das, was entsteht, wenn man die Youtube
Comment Section mit Reddit und Tumblr kreuzt. 4chan ist sehr verstörend und
unterhaltsam, und nicht an sich gut oder schlecht.
Viele
Memes finden ihren Ursprung bei 4chan, beispielsweise die lolcats oder das
Rickrolling. Rickrolling ist, wenn man einem Kolleg heimlich den Link zu Rick
Astley’s «Never Gonna Give You Up» schickt. Allerdings ist 4chan dafür
verantwortlich, dass vor einigen Jahren Nacktbilder von Jennifer Lawrence
geleakt wurden. Den Bikini Bridge Trend (man magert sich solange ab, bis die
Hüftknochen hervorheben) ist auch 4chan zu verdanken.
Wer
noch mehr über 4chan wissen will, findet hier den Link zu einem Artikel von
Washington Post:
Was
machte Anonymous?
Wie
gesagt, Anonymous entstand also eher als Witz auf 4chan. Zu ihren ersten
Aktionen gehörte es, andere zu «Trollen».
Sie
trollten Habbo Hotel, eine beliebte Website wo man Hotel spielen kann.
Abermillionen von dunkelhäutigen, Afro tragenden Figuren wurden erstellt,
welche sich in Form von einem Hakenkreuz aufstellten und den Weg zum Pool
versperrten.
So
wurde man zum ersten Mal auf Anonymous aufmerksam. Ihnen ging es darum, Leute
zu ärgern, und ihnen zu vermitteln, sie sollen sich um das «echte Problem» in
dieser Gesellschaft zu kümmern.
Bis
dann war Anonymous nur ein loses Gebilde, doch sie wurden nach und nach
organisierter.
Sie
gingen gegen einen Neonazi namens «Hal Turner» vor. Dieser hatte das Gefühl,
man diskriminiere gegen ihn, da er weiss sei. Er meinte, Barack Obama sei
«unfähig», da er schwarz und genetisch benachteiligt sei. Ich werde nicht auf
die Ideen von diesem Idioten Hal Turner eingehen, da ich sonst wütend werde.
Jedenfalls, Anonymous blockierte seine Website durch «Denial of service». Es
kostete Hal Turner sehr viel Geld, die Website wieder zum Laufen zu bringen.
Man trollte ihn in Wirklichkeit, in dem man sehr viele Pizzen auf seine Adresse
lieferte, die er dann bezahlen musste. Es stellte sich heraus, dass Hal Turner
ein FBI Agent war, wobei er auch ein Neonazi war. Dies beschädigte seinen Ruf
irreparabel.
Anonymous,
die bisher als Bösewichte galten, wurden gefeiert. Obwohl sie «falsche», teils
illegale Sachen machten, es erfüllte ja einen guten Zweck. Schliesslich mag
niemand Neonazis, und niemand mit einem funktionsfähigen Hirn mag Rassisten.
Anonymous mochte diese positive Aufmerksamkeit nicht, denn sie wollten böse
bleiben und gefürchtet werden.
Etwas
später befand sich Anonymous mit Scientology auf Kriegsfuss. Es gab ein Video
von Tom Cruise, der sich über Scientology unterhielt. Scientology wollte das
Video aus irgendwelchen Gründen sperren lassen. Was natürlich zur Folge hatte, dass das
Video überall auftauchte. Dann legte Anonymous los und fing an, Scientology zu
belästigen. Man rief sie die ganze Zeit an und blockierte die Leitung. Man
hackte sich auch in ihre Website und legte sie lahm. Es gab auch analog viele
Leute, die gegen Scientology protestieren. Man fing auch an, sich mit der
berühmten Maske zu vermummen, um anonym zu bleiben und sich so zu schützen. Der
Streit zwischen Anonymous und Scientology war sehr interessant zu beobachten,
da beide das komplette Gegenteil voneinander waren. Beide vertraten
gegenteilige Ansichten und Philosophien, doch beide waren weit davon entfernt
vom Geschmack der breiten Masse.
Etwas
später veröffentlichten sie eine Nachricht für Scientology. Wen es
interessiert, kann die Nachricht anhören oder lesen. Hier befindet sich der
Link dazu: https://en.wikisource.org/wiki/Message_to_Scientology
Zu den
weiteren Taten von Anonymous gehört die Operation Egypt, die sie zusammen mit
Telecomix vollbrachten. Als in Ägypten politische Unruhe herrschte und die
Regierung den Internetzugang blockierte, wurde die Bevölkerung sehr wütend, was
ja klar ist. Die Regierung blockierte den Internetzugang, um die Kommunikation
mit der Aussenwelt zu verhindern und die Leute im Dunkeln zu behalten. Dagegen
wehrte sich Anonymous, da sie gegen Lügen aller Art sind und für Transparenz
plädieren. Sie und Telecomix schickten Hilfspakete nach Ägypten. Den Ägyptern
wurde gezeigt, wie man die Hardware konfigurierte, um Internetzugang
herzustellen. Man schickte auch Informationsblätter mit Erster Hilfe bei
Tränengas und ähnliches.
Kurz
darauf trat ihr Präsident zurück. Dies war ein grosser Erfolg für die Leute,
denn sie wollten nicht unterdrückt werden. Man wusste damals aber, dass man
aufpassen musste, denn es war noch nicht vorbei. Man sagt, dass nicht nur
Twitter & Co. für die Revolutionen notwendig sind, aber einen wichtigen Teil dazu beigetragen haben und unverzichtbar sind.
Wie
ist Anonymous aufgebaut und wer gehört dazu?
Anonymous
wurde zwar nach und nach kontrollierter. Von Internet-Trolls entwickelten sie
sich zu Hochorganisierten, die gefürchtet werden wollten. Es gibt aber bis
heute keinen «Anonymous Chef», den alle Folgen, und es gibt keine heimliche
Anonymous-Regierung, die alle Pläne entwirft (oder es gibt eine, und wir wissen
es nur nicht). Es gibt keinen Mitgliederschaftsbeitrag, und man muss nicht in
ein gewisses Schema hineinpassen, um Teil zu sein. Das Know-How genügt, und es
reicht aus, ähnlicher Meinung zu sein.
Man
muss aber nicht mit allem einverstanden sein: Beispielsweise kann man seinen
Teil bei einer Aktion leisten, und später Anonymous für immer hinter sich
lassen. Sie bezeichnen sich als «Kollektiv», und das sind sie auch. Anonymous
hat «temporäre» Anführer, die Aktionen leiten und organisieren. Doch sie werden
von den Mitgliedern von Anonymous nicht angebetet und sind nur dazu da, den
Überblick beizubehalten. So habe ich das wenigstens verstanden, korrigiert mich
wenn ich falsch liege.
Durch
Anonymous entstand das Gefühl, Teil einer grossen Gruppe zu sein. Man war Teil
eines Grossen, welches Unheil stiftete und Aufmerksamkeit erregte. So hatten
einsame Leute auch das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das Gefühl, etwas zu
bewirken und «Teil» zu sein. Denn Anonymous ist ja kein streng kontrollierter
Club, sondern eher ein loses Gebilde. Jeder kann beitreten, sobald er sich
etwas mit Hacking und Hacktivism auskennt, und gewisse Ansichten vertritt.
Sind
sie gut oder böse?
Wenn
man nur die Aktionen von Anonymous anschaut, muss man zum Teil den Kopf
schütteln. Doch wenn man sich fragt, gegen wen sich diese Aktionen richten,
wirft das ein anderes Licht auf diese Sache. In Websites und Mails reinhacken
finde ich unmoralisch Doch ich habe nichts dagegen, wenn man in die Website von
Scientology hackt. Denn ich mag Scientology nicht – ihre Aktionen sind
unmoralisch, sie unterdrücken Leute und beuten ihr Geld aus. Deshalb kann ich es
rechtfertigen, wenn man unmoralische Aktionen gegen Scientology richtet. Eben,
weil Scientology unmoralisch ist. Dies führt mich also zu dieser
Schlussfolgerung: Unmoralische Handlungen gehen grundsätzlich nicht. Doch
richtet sich die Handlung gegen jemanden, der unmoralisch handelt, ist die
Handlung gerechtfertigt. Da muss man sich fragen, was ist eigentlich Moral?
Moral bedeutet für viele, richtig zu handeln. Dies stellt wiederum die Frage,
was richtiges Handeln ist? Ich weiss es nicht.
Was
mir hingegen klar ist, dass Anonymous die Demokratie aufrechterhalten will. Sie
sind der Meinung, dass der Staat die Bevölkerung fürchten muss – nicht
umgekehrt. Ihre Haltung ist auch ein wenig widersprüchlich, denn sie treten
etwas anarchistisch auf. Das Internet ist ihr Protestplatz, sie wehren sich
gegen Zensur und Lügen. Darum hacken sie sich auch in die Mails von
einflussreichen Leuten und veröffentlichen diese. Um Transparenz zu erzeugen,
und der Bevölkerung Licht ins Dunkel zu bringen. Anonymous sind Demokratie,
Ehrlichkeit und Transparenz, verhüllt in Chaos und Anarchie.
Ich
bin mit den meisten Ansichten von Anonymous einverstanden. Ich weiss aber
nicht, ob ich trotzdem Teil von Anonymous wäre, wenn ich könnte. Nur weil ich
mit ihren Einsichten einverstanden bin, heisst dies ja noch lange nicht, dass
ich mit ihren Taten einverstanden bin.
Sind
Anonymous gut oder böse? Keine Ahnung.